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Gen-Mais macht Mäuse mürbe

Von Stephan Börnecke


Nager haben weniger Nachwuchs / Trotzdem will EU Werbetrommel für Gentechnik rühren

Die Diskussion um die beschleunigte Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen in der EU, wie sie EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vorantreibt, hat einen Dämpfer erhalten. In einer bislang beispiellosen Langzeituntersuchung an Mäusen haben österreichische Wissenschaftler nachgewiesen, dass Nagetiere auf Dauer Probleme mit der Fortpflanzung bekommen, wenn sie gentechnisch veränderten Mais fressen.

Die Studie war vom österreichischen Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben und von Wissenschaftlern der Veterinärmedizinischen Universitätsklinik in Wien angefertigt worden. Das Ergebnis: Vor allem in der vierten Generation haben die mit Gen-Mais gefütterten Mäuse weniger Nachkommen Als Tiere aus der Kontrollgruppe. Deren Nachkommen, die mit normalem Mais gefüttert wurden, waren zudem größer und schwerer als jene aus der gen-Gruppe. Die Gen-Mäuse hatten Mais gefressen, der sowohl resistent gegen das Totalherbizid Roundup ist als auch ein Insektizid gegen Schädlinge produziert.

EU-Behörde in der Kritik

Für die Gentechnik-Expertin von Greenpeace, Ulrike Brendel, ist „das Ergebnis dieser Studie ein weiterer Beweis für die Risiken genmanipulierter Pflanzen“. Greenpeace fordert einen generellen Zulassungsstopp für Gen-Pflanzen in der EU und verlangt von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), den Import dieses Gen-Maises „sofort zu verbieten“.

Zwar weisen Wissenschaftler darauf hin, dass die Versuche mit dem Mais, der in der EU in Lebensmitteln und Futter enthalten sein darf, nicht auf Menschen übertragbar seien. Die Wiener Forscher verlangten aber, dass es unbedingt mehr Langzeitversuche geben müsse. Tatsächlich fanden derartige Testreihen wenigstens offiziell nicht statt, worauf auch die Gen-Expertin des BUND, Heike Moldenhauer, hinweist. Laut Greenpeace hatte bereits eine Fütterungsstudie von Monsanto gesundheitliche Beeinträchtigungen von Versuchstieren aufgezeigt. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa schätzte diese Ergebnisse jedoch als „biologisch nicht relevant“ ein. Die neuen Wiener Erkenntnisse, so die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ulrike Höfken, „zeigen einmal mehr, dass Efsa nur unzureichend prüft“.

Die Efsa steht wegen ihrer personellen Verquickung mit der Gentechnik-Industrie in der Kritik. Trotzdem könnte diese Behörde mehr Bedeutung bei der Zulassung der Gen-Pflanzen bekommen, worüber die EU-Umweltminister am 4. Dezember entscheiden wollen. Vorrangiges Ziel der EU ist, die Zulassung-Verfahren zu verkürzen. Bisher dauern sie im politischen EU-Abstimmungsprozedere zweieinhalb Jahre, in den USA sind 15 Monate üblich. Um diesen „asynchronen“ Prozess aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit der EU- Landwirtschaft zu beenden und um US-Gen-Saaten schneller auf den europäischen Markt zu bekommen, plädiert eine von Barroso einberufene „Sherpa-Group“ für das Ausschöpfen „technischer Lösungen“. Dabei geht es zum Beispiel um illegale Verunreinigungen mit Gen-Soja, das in der EU noch nicht zugelassen ist. Mit Hilfe „technischer Lösungen“ könnten die Kontaminationen legalisiert werden.

Laut Protokoll der Oktober-Sitzung glaubt der Leiter der Sherpa-Group, Barrosos Kabinettchef Joao Almeida, dass die EU-Bürger über Gen-Pflanzen „falsch informiert“ seien. Er ermuntert die Agro-Industrie , sich stärker einzumischen. Die Kommission beabsichtigt, die Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Gen-Technik zu intensivieren. Sie plant eine „langfristige Kommunikationsstrategie“, zeigen Vermerke der Sherpa-Group.

Eine Absage hat die Sherpa-Group Plänen einer zweiten Arbeitsgruppe erteilt, die unter der Ratspräsidentschaft Frankreichs installiert worden war. Frankreich, das den Gen-Mais-Anbau verboten hat, möchte für die Zulassung neuer Gen-Pflanzen schärfere Umweltanalysen einführen und den sozio-ökonomischen Nutzen der Labor-Saat in die Bewertung einfließen lassen.

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