Hilfe
lähmt
Von
James Shikwati
Die
Bilder von unterernährten, fliegenbedeckten Kindern und von
Malaria infizierten erwachsenen Afrikanern veranlassen Leute in den
entwickelten Ländern, Geldspenden als den Schlüssel zur
Entwicklung vorzuschlagen. Nur sehr wenige in der westlichen Welt
machen sich klar, dass sie mit dazu beitragen, einen der reichsten
Kontinente der Erde in Armut zu halten.
Kein Afrikaner lebt
gern in ständiger Krankheit und Armut, mit unreinem Wasser, in
Hunger und als Objekt zur Reinwaschung des westlichen Gewissens. Ich
sage nicht, dass Afrikaner sich zurückziehen sollten auf den
Lebensstil armer Höhlenbewohner, aber die dringend nötige
Entwicklung muss von ihnen selbst kommen, nicht von den Gebern. Die
Entwicklungshilfe hat das afrikanische Selbstbewusstsein
ausgehöhlt.
Was Afrika derzeit erlebt ist, dass die Hilfe
als Instrument im Kampf und Einfluss benutzt wird. Der Wesen ist
besorgt um das Vordringen der Chinesen. Beide Seiten wollen an die
Reichtümer des Kontinents kommen. Während der Westen seine
Interessen mit schönen Worten von Demokratie und Menschenrechten
bemäntelt, stellt China „wertfreie Hilfe“ zur
Verfügung. Steht bei alledem etwa Afrika auf der
Tagesordnung?
Da es um Handel und Wettbewerb geht, ist das von
den Geberstaaten entwickelte
„Aid For Trade“ –
Konzept kontraproduktiv, weil die Geber entscheiden können,
welche Produkte sie unterstützen, und so Ideereichtum und
Vielfalt der afrikanischen Produktion eingeschränkt werden.
Erlaubte man afrikanischen Ländern uneingeschränkten Handel
mit reichen Nationen zu nur einem Prozent, bedeutet das einen
Jahresgewinn von 70 Milliarden Dollar.
Entwicklungshilfe hat
in Afrika ein wirtschaftsfeindliches Klima geschaffen. Mit den
Hilfsgeldern im Rücken schikanieren die Regierungen kleine
Händler und Bauern. Dagegen hatte eine leichte Liberalisierung
des Mobilfunksektors einen Zuwachs von 75 Prozent bei den Anbietern
zur Folge. Ein Steuersystem ist essentiell für eine eigene
Entwicklung. Man könnte das Ziel setzen, den Tee- und
Kaffeebedarf von 950 Millionen Afrikanern zu decken. Ein solcher,
nach innen gerichteter Ansatz könnte der erste Schritt zu einer
mehrwertbesteuerten Industrie sein. Hilfsgelder zementieren nur die
alten Bindungen und gefährden wirtschaftlichen Fortschritt.
Der
einfache Afrikaner kann nur hilflos zusehen, wenn Entwicklungshelfer
und Regierungsbeamte durchs Land fahren und nach Armut Ausschau
halten. Ohne Hilfe würden die Afrikaner das Töten von
Moskitos kommerzialisieren, die Agrarproduktion verbessern und für
effektive Gesundheitsvorsorge sorgen. Die Hilfe hat die Lösung
der Probleme Afrikas ausgelagert.
Kurz gesagt, sollten die
Entwicklung des Kontinents das Letzte sein, was auf der Tagesordnung
der G8-Länder steht, wenn ihnen Afrika wirklich am Herzen liegt.
Anscheinend ist es vertretbarer, profitorientierte Organisationen zu
beauftragen, Afrika von Fliegen, Malaria und Hunger zu befreien, als
Afrikas Regierungsbeamte anzuhalten, die Steuergelder ihrer Wähler
zur Selbsthilfe zu verwenden. Afrika muss seine Bodenschätze
vermarkten, eine Mehrwertsteuer auf seine Produkte im In- und Ausland
erheben und sein Schicksal in eigene Hände nehmen.
James Shikwati, kenianischer Ökonom und Direktor des Inter Region Economioc Network (Iren) in Kenia, gilt als entschiedener Gegner der Entwicklungshilfe. Sie bringe die Entwicklungsländer in Abhängigkeit und unterdrücke Unternehmergeist, findet er.