zurück zur Übersicht – Hundeverordnung und die Folgen
Auf den Hund gekommen ?
von Michael Weippert, FDP Hamburg
Seit
dem 01. April 2006 gilt in Hamburg ein neues Hundegesetz, das von den
Fraktionen der Bürgerschaft (CDU, SPD und GAL) einstimmig
beschlossen wurde.
Um das erklärte Ziel des Gesetzes „mehr
Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger im Umgang
mit Hunden“ zu erreichen, werden Maßnahmen durchgesetzt,
die sehr weit in die Rechte von Hundehaltern eingreifen und in
krassem Widerspruch zum geltenden Bundestierschutzrecht stehen.
Seit
Veröffentlichung des ersten Entwurfs Anfang 2004, wird in
Fachkreisen wie auch in der politischen Öffentlichkeit zunehmend
diskutiert, ob die entsprechenden Regelungen tatsächlich
zweckdienlich sind, also wirklich einen zusätzlichen
Sicherheitsnutzen stiften. Weitere Fragen, wie zum Beispiel die der
Verhältnismäßigkeit müssen gestellt werden, um
die hoch emotional geführte Diskussion zu versachlichen und die
überaus komplexen Probleme in Zusammenhang mit den beschlossenen
Maßnahmen zu verstehen.
Im folgenden möchte ich dazu
einen Beitrag leisten und einleitend anmerken, dass mir kaum ein
anderes aktuelles Hamburg- Thema einfällt, welches die
Notstandssituation „Bürgerschaft ohne liberales Korrektiv“
so eindeutig und vielfältig illustriert, wie dieses.
„Wir
haben ein Vollzugsdefizit, kein Gesetzesdefizit !“
Diese
Feststellung ist alles andere als eine neue Erkenntnis. In den
Politikfeldern Innere Sicherheit, Datenschutz, Rechtspolitik und
vielen anderen mehr: Immer wieder muß darauf hingewiesen
werden, dass es für eine freiheitliche Bürgergesellschaft
existentiell wichtig ist, die Einhaltung bestehender Regelungen zu
garantieren, anstatt unter Aufgabe rechtsstaatlicher Prinzipien mehr
und mehr und immer komplexere Regularien zu schaffen. Es sind immer
nur einige, die behördliches Versagen anklagen, wo andere
zusätzliche Gesetze fordern. Und immer nur einige machen sich
für Minderheiten stark, wo andere ihrer Angst vor der eigenen
Courage unterliegen. Es ist der schwierigere Weg, dem Sachverstand
von Fachleuten zu vertrauen, als populären und einfach
erscheinenden Schnell- Lösungen. Das Hamburger Hundegesetz ist
geradezu ein Lehrbuchbeispiel für „Experimentalgesetzgebung“:
Wir machen mal schnell mal ein Gesetz und werden dann schon sehen,
was passiert. Problemursachen werden verschärft, statt gelöst,
Bürokratie wird aufgebläht, statt abgeschafft, Kosten
werden erhöht, statt gesenkt und der Tierschutz wird geschwächt,
statt gestärkt.
Der Fall
„Volkan“
Erinnern wir uns: Der Fall,
der bundesweit die Debatte um Hundegesetze und –verordnungen
auslöste, dürfte niemandem entgangen sein. Im Jahr 2000
wurde der 6-jährige Wilhelmsburger Volkan Kaya von dem Kampfhund
Zeus des Halters Ibrahim Külünk grausam totgebissen. Funk
und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften berichteten wochen- und
monatelang über den Vorfall. Verständlicherweise wurde
allerorts lautstark nach wirksamen Maßnahmen gegen solcherlei
Grausamkeiten gerufen.
Aus heutiger (und in der Tat auch aus
damaliger) Sicht, war der schreckliche Tod von Volkan jedoch durchaus
vermeidbar. Es handelte sich um einen verantwortungslosen Halter, der
sein Tier gezielt zum Kampfhund dressierte, ihn über lange Zeit
auf Wilhelmsburger Kinderspielplätzen scharf machte und dem
Bezirksamt Harburg, der Polizei und der Staatsanwaltschaft seit
langem bekannt war. Külünk führte ein „Leben
nach dem Strafgesetzbuch“ – Körperverletzung,
unerlaubter Waffenbesitz, schwerer Diebstahl, mehrfacher Straßenraub,
Drogenhandel, Hausfriedensbruch; er ließ kaum ein Vergehen aus.
Vor allem aber war das Hund-Halter-Gespann der zuständigen
Behörde längst ein Begriff: Bereits am 11. April 1998, als
Zeus einen Schäferhund und dessen Halterin verletzte, wurde Zeus
dem Amtstierarzt vorgeführt. Das Bezirksamt verordnete ihm
Anleinpflicht. Die Durchsetzung dieser Maßnahme jedoch, wurde
weder von der Polizei, noch vom Ordnungsamt überprüft. Und
so fuhr Külünk fort, seinen Hund zur Waffe
umzufunktionieren. Das Gartenbauamt wechselte regelmäßig
die zerbissenen Kinderschaukeln aus und Anlieger des Spielplatzes
wunderten sich, dass nichts unternommen wurde. Weitere Beißereien
folgten. Im April 2000, nachdem Zeus einen Labradormischling verletzt
hatte, wurde Külünk erneut aufgefordert, seinen Hund beim
Amtstierarzt vorzuführen – ohne Wirkung. Der nächste
Vorfall war dann der Tod des 6- jährigen Volkan.
Leitmotiv
„Ruhe im Karton“
Woran lag es, dass
nichts geschah ? Lag es am Fehlen eines Hundegesetzes ? Oder gab es
nicht etwa schon immer eine Gefahrenabwehrverordnung, die ein
Einschreiten des Staates gegenüber Gefährdungen - auch
durch Hunde – ermöglichte ? Nachdem das OVG Magdeburg die
Hundeverordnung Sachsen-Anhalts im Dezember 2002 für ungültig
erklärt hatte, erklärte Innenminister Klaus Jeziorski:
"Natürlich kann und muss auch weiterhin bei jeder
konkreten Gefahr durch Hunde eingegriffen werden." Im
Klartext: Auch der Hamburger Vorfall hätte verhindert werden
können, wenn die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten nur
genutzt worden wären.
Nach dem Fall „Volkan“
fragte auch die publizierte Öffentlichkeit folgerichtig, warum
so etwas geschehen musste. Einhellige Antwort der
Bürgerschaftsparteien: „Wir hatten keine Handhabe ! Wir
brauchen ein Gesetz !“. Die Boulevardpresse: „Die
Politiker müssen handeln !“, „Alle Hunde müssen
an die Leine !“ und „Kampfhunde müssen verboten
werden“. Politiker und Journalisten übertrumpften sich
gegenseitig mit Forderungen nach möglichst rigiden Maßnahmen
gegen die „ständige Gefahr, die von der Bestie Hund“
angeblich ausgehe. „Kinder sind wichtiger als Hunde !“
tönte der SPD- Fraktionsvorsitzende Michael Neumann und forderte
sogleich den „generellen Leinenzwang für Hamburg“.
Die CDU stimmte bereitwillig in den Kanon ein, ihr sog.
„tierpolitischer Sprecher“ Michael Fuchs stellte fest:
„Wir brauchen vor allem schnell Ruhe im Karton !“ (Anm.:
Karton = Presse).
Um etwaige Missverständnisse von
vornherein auszuschließen: Die weise Erkenntnis Neumanns, dass
Kinder einen höheren Stellenwert haben, als Hunde, wird –
zumindest von mir als Hundehalter und Vater einer 9-jährigen
Tochter – keinesfalls bestritten. Die Fiktion eines real nicht
existierenden Konfliktverhältnisses „Kind vs. Hund“
jedoch, ist nicht nur eine absichtliche Vermeidung von Sachlichkeit
(á la „Terrorabwehr ist wichtiger als Datenschutz“),
sondern – schlimmer noch - reine Demagogie. Die Intention ist
folgende: „Wer gegen das Hundegesetz ist, der ist auch gegen
Kinder“ – so die Aussage. Damit verbietet sich wohl jede
Frage nach der Wirksamkeit der Maßnahmen, jede Kritik am
Hundegesetz. Basta.
Also wurde beschlossen und verkündet:
Rasselisten (zur Bestimmung der Gefährlichkeit) und Genereller
Leinenzwang (zum Schutz vor Beißvorfällen durch Kontrolle
des Halters) sollen helfen. Weitere Bestimmungen folgten. Die Landes-
und Bundestierärztekammer, renommierte Verhaltensforscher,
Universitäten sowie zahlreiche Fach- und Interessenverbände
boten wiederholt und bereitwillig ihre Beratungsleistung für ein
tierschutzkonformes (und damit sicheres) Gesetz an – in
Niedersachsen mit Erfolg, in Hamburg leider vergeblich. „Schnell
Ruhe im Karton“ ist eben besser zu erreichen, wenn
wissenschaftliche Erkenntnisse als Störfaktoren unterbleiben.
Zur Rechtfertigung des Vorhabens wurde auch der „Hamburger
Tierschutzbeirat“ (institutionalisierter Pseudo- Tierschutz an
der kurzen Leine des Senats) bemüht. Dieser stimmte dem
Leinenzwang zu, forderte aber kompensatorisch die Einrichtung von
„Freilaufflächen in ausreichender Anzahl“, damit
eine art- und wesensgerechte Haltung von Hunden in Hamburg nicht
gänzlich unmöglich werde. Somit fand auch diese Forderung
Eingang ins Gesetz, allerdings nur als Kann- Regelung; die Ausweisung
und Pflege geeigneter Flächen soll durch die einzelnen Bezirke
erfolgen – ohne Rechtsverpflichtung, ohne Spezifikation (was
ist geeignet ?) und ohne Finanzierungsmodell. Zusätzlich wird
eine scheinbare Befreiungsmöglichkeit vom Leinenzwang angeboten:
Wer eine Gehorsamsprüfung ablegt, darf (nur) auf öffentlichen
Straßen und Wegen – zunächst befristet für ein
Jahr – seinen Hund ableinen. Inzwischen ist auf Bezirksebene
auch den Sozialdemokraten (roter, grüner und schwarzer Couleur)
klar, dass das Versprechen nicht gehalten werden kann.
Freilaufflächen existieren nur in viel zu geringer Anzahl, sie
sind oft in einem bemitleidenswerten Zustand und daran wird sich
aller Voraussicht nach auch nicht mehr viel ändern.
Antworten
der Fachwelt
Wir nehmen mit der eindeutigen
Ablehnung von Rasselisten und Leinenzwang keine exotische oder gar
radikale Minderheitenposition ein – im Gegenteil: Wir stützen
uns auf die einhelligen und unmissverständlichen Aussagen der
Fachwelt. Unzählige Verlautbarungen der Bundestierärztekammer,
der Hamburger Tierärztekammer, von Verhaltensforschern,
Universitäten und Organisationen, sprechen eine einheitliche
Sprache:
Eine „Hunderasse“ ist keine Rasse im biologischen Sinne. Es sind unter den Hunderassen keinerlei genetische Unterschiede nachweisbar, es handelt sich ausschließlich um eine Typisierung nach äußeren Merkmalen. Zahlreiche Untersuchungen in unterschiedlichen Ländern belegen, dass keine Hunderasse signifikant häufiger beißauffällig wird, als andere. Stattdessen korreliert die Wahrscheinlichkeit eines Beißunfalls mit der Häufigkeit des Vorkommens / Größe der Population.
Der dauerhafte Entzug von Freilaufmöglichkeiten wirkt sich negativ auf das Aggressionsverhalten von Hunden aus. Der generelle Leinenzwang ist daher für das Ziel „Sicherheit“ kontraindiziert.
Frau
Dr. Feddersen-Petersen (Universität Kiel), bundesweit anerkannte
Fachtierärztin für Verhaltenskunde und gerichtszugelassene
Fachgutachterin, schreibt dazu eindrucksvoll:
Leinen- und
Maulkorbzwang für bestimmte Hunderassen ist aus dem
Tierschutzgedanken heraus abzulehnen. Der scheinbare Vorteil einer
generellen Anleinpflicht besteht in der vordergründigen
Vorstellung, ein ständig angeleinter Hund befände sich
automatisch unter der Kontrolle seines Menschen. Dabei wird völlig
vergessen, daß Hunde als hochentwickelte soziale Lebewesen
nur im Rahmen und zugleich auch unter dem Diktat ihrer
biologischen Grenzen existieren können. Es ist natürlich
nicht möglich, die Probleme, die sich aus dem Zusammenleben
von Mensch und Hund ergeben, ausschließlich durch technische
Maßnahmen, so in Form einer Sicherheitsleine, zu
lösen. |
Der
Preis der Ignoranz
Die gesetzlich verordneten
Maßnahmen betreffen nicht nur Hundehalter, sondern letztlich
alle Bürgerinnen und Bürger Hamburgs als Steuerzahler. Die
Rechnung ist lang:
Bürger- und Freiheitsrechte
Das
geplante Gesetz greift massiv und ungerechtfertigt in das
Eigentumsrecht der Hamburger Hundehalter ein.
Bürokratie
Das
geplante Gesetz führt zu einem immensen bürokratischen
Verwaltungsapparat. Das Ziel „Bürokratieabbau“ wird
eindeutig konterkariert.
Datenschutz
Ein neues und
aufwendiges Zentralregister speichert Daten Hamburger Hundehalter zum
Abgleich mit Datenbanken anderer Behörden. Regelungen zur
Vermeidung von Missbrauch existieren nicht.
Staatsausgaben
Die
Kosten für die Durchsetzung der geplanten Bestimmungen sind
unverantwortlich hoch. Zusätzlich sind unkalkulierbare
Folgekosten zu befürchen. Die Gesamtbelastung des öffentlichen
Haushalts beträgt nach Schätzung der Bundestierärztekammer
mindestens 2,5 Mio Euro (Einrichtung und Unterhaltung der
Freilaufflächen, Aufstockung und Unterhaltung des SOD,
Anschaffung und Wartung von Chiplesegeräten, Einrichtung und
Pflege eines Zentralregisters, u.s.w.)
Tierschutz
Das
Gesetz steht im Widerspruch zum Bundestierschutzgesetz. Dieses
genießt seit 2002 Verfassungsrang (Art. 20a GG).
Föderalismus
Die Hansestadt Hamburg geht –
entgegen den Regelungen anderer Bundesländer – einen
Sonderweg. Hamburger Bürger werden gegenüber Bürgern
anderer Bundesländer extrem benachteiligt.
Staatlicher
Aktionismus / „Regulierungswut“
Das Gesetz stiften
keinen Nutzen, verursacht aber Schaden.
Einzelne Regelungen, die
sinnvoll erscheinen (Kotbeseitungungspflicht etc.), sind ohnehin voll
gültig. Leine und Maulkorb haben schließlich keine
Auswirkung auf die Stoffwechseltätigkeit.
Vollzugsdefizit
statt Gesetzesdefizit
Die vorgefallenen Beißunfälle,
die als Rechtfertigung für die Regelungen des Gesetzes dienen,
wären durch entsprechendes Handeln der zuständigen Behörden
zu verhindern gewesen. Die Fiktion eines Gesetzesdefizits täuscht
nur über das Versagen der Behörden
hinweg.
Rechtsstaatlichkeit
Die gesetzlichen
Regelungen sind weder erforderlich, noch geeignet, schon gar nicht
verhältnismäßig. Für diverse Züchter wirkt
das Gesetz faktisch als Berufsverbot. Halter von Hunden werden vor
die Wahl gestellt, ob sie lieber gegen das (Landes-) Hundegesetz,
oder gegen das (Bundes-) Tierschutzgesetz verstoßen wollen.
Wissenschaft
Die gesamte Fachwelt lehnt die
Bestimmungen des Gesetzes ab. Die Rasselisten sind nicht begründbar,
der Leinenzwang ist nicht nur wirkungslos, sondern kontraproduktiv.
Denn das Aggressionsverhalten von Hunden wird durch dauerhaften
Entzug von Freilaufmöglichkeiten negativ beeinflusst. Lediglich
der senatskontrollierte, hochsubventionierte „Hamburger
Tierschutzbeirat“ stellt sich gegen alle Fachverbände und
„echten“ Tierschutzorganisationen. So kann der Hamburger
Senat immer wieder öffentlich behaupten: „Der Tierschutz
steht hinter uns“.
Gesellschaft
Bereits jetzt
hat die – zumeist sehr unsachlich geführte –
Diskussion um Hunde als „mordende Bestien“ zu einer
massiven Anti- Hundehalter- Stimmung in Hamburg geführt.
Rechtstreue Bürger werden wie Kriminelle behandelt und für
das Fehlverhalten Einzelner pauschal verurteilt. Für immer mehr
Menschen werden Spaziergänge mit dem Vierbeiner zum
Spießrutenlauf. Scharen von SOD- Häschern (Städtischer
Ordnungsdienst) stellen Bürgern mit Hund in Raubrittermanier
nach, um sie bei Betreten von Grünflächen abzukassieren.
Die Stimmung verschlechtert sich zunehmend; offensichtlich
beeinflusst der Leinenzwang mittelbar auch das Aggressionsverhalten
von Menschen negativ.
Wirtschaft
Die geplanten
Maßnahmen werden zahlreiche Menschen dazu veranlassen, auf
Hundehaltung zu verzichten. Neben jährlichen Steuereinnahmen in
Höhe von rund 3,3 Mio. Euro allein
für die Hansestadt Hamburg, halten Hunde eine ganze Industrie am
Leben: Hundefutter, Hundespielzeug, Halsbänder und Leinen,
Körbchen und Decken sowie zahlreiche mehr oder minder sinnvolle
Utensilien gehen tagtäglich über die Ladentische großer
und kleiner Einzelhändler - Arbeitsplätze und
Steuereinnahmen. 924 Mio. Euro setzen die deutschen Hundehalter im
Jahr allein für Hundefutter um, davon gehen 68 Prozent an den
Lebensmitteleinzelhandel, Drogeriemärkte und Discounter. Hinzu
kommen noch einmal 121 Mio. Euro für
Hundezubehör, von denen zu 85 Prozent der Fachhandel mit rund
10.000 Beschäftigten
lebt. In den bundesweit
72 Betrieben
der
Heimtier-Futter-Industrie sind nochmals mehr als 10.000 Menschen
beschäftigt.
Allein in der Hansestadt leben
124 Tierärzte und
ihre Mitarbeiter auch von den Hunden dieser
Stadt.
Sinnvolle
Alternativen
Der Aufgabe der Politik sollte es
sein, in Zusammenarbeit mit der Fachwelt sinnvolle Lösungen für
das Problem „Beißvorfälle“ zu erarbeiten.
Folgende Eckpunkte als Vorschlag:
Verpflichtung der zuständigen Behörden zur Begutachtung auffälliger Hundehaltungs- Situationen und Durchsetzung tierschutzkonformer Bedingungen, Verpflichtung von Hundehaltern zu art- und wesensgerechter Hundehaltung.
Ersatzlose Streichung der Rasselisten
Abschaffung des „generellen“ Leinenzwangs. Anleinpflicht nur auf Kinderspielplätzen, Marktplätzen und an weiteren Orten, wo es sachlich begründet ist
Verzicht auf Gehorsamsprüfung, stattdessen Angebot einer „echten“ Sachkundeprüfung mit dem positiven Anreiz „Befreiung von der Hundesteuer bei Bestehen“
Die
Geister, die ich rief…
Als besonderes
Schelmenstück des Senats muß das aktuelle Dilemma um die
41 sogenannten Kampfhunde bezeichnet werden, die seit geraumer Zeit
im Tierheim Süderstraße „einsitzen“ und
infolge der Hamburger Rechtslage so gut wie unvermittelbar sind.
Die
Gesundheitsbehörde (siehe Abendblatt- Meldung vom 17. Mai 2006)
strebt an, die Tiere nach Niedersachsen zu vermitteln. Die
vorgetragene Begründung ist ebenso einleuchtend, wie entlarvend:
„In Niedersachsen haben die Hunde bessere Vermittlungschancen“.
Das muß man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen
lassen: Hunde werden wegen ihrer Rasse als gefährlich
eingestuft, doch offenbar nur in Hamburg. Sobald sie die Grenze zu
Niedersachsen passieren, mutieren sie anscheinend zu braven
Schoßhündchen. So einfach ist das. Es sollte geprüft
werden, ob Ortswechsel- bedingte Spontanheilungen auch bei
Staatsräten und Bürgerschaftsabgeordneten möglich
sind. Bundesländer, die sich beraten lassen und Fehler
vermeiden, sollen dafür noch bestraft werden. Das nur als
Bigotterie zu bezeichnen, wäre wohl blanker Euphemismus.
Thema
Hundegesetz: Chancen und Risiken
Die Anzahl der
Hunde in Hamburg wird ca. 60.000 bis 80.000 geschätzt. Die
Haltung der Parteien zu diesem Gesetz – besser gesagt: zur
Aufgabe verfassungsmäßiger Rechte -, kann somit das
Wahlverhalten von über 120.000 Wählern stark beeinflussen.
Bemerkenswert ist übrigens, daß die neue Kusch- Partei
„Heimat Hamburg“ lautstark Einwände gegen das Gesetz
erhebt. Der ehem. Justizsenator muß sich allerdings fragen
lassen, wie denn die absolute Einstimmigkeit zustande kam, wenn
ausgerechnet der zuständige (und mitbestimmende) Ressortleiter
dagegen war.
Es ist nicht zu akzeptieren, wenn Bundesrecht von
Verfassungsrang durch die Willkür und Ignoranz eines Bundeslands
ausgehebelt wird. Wenn wir uns dagegen nicht zur Wehr setzen, was
wird als nächstes passieren ? Da die gesetzlichen Bestimmungen
ja – wie gesagt – zwangsläufig zu einer Eskalation
der Probleme führen werden, sind weitere Gesetzesverschärfungen
schon vorprogrammiert. Wer weiß, welche Phantasien dazu schon
jetzt in den Köpfen einzelner selbsternannter Experten
herumgeistern.
Ein Risiko besteht allerdings: Einzelne Medien
(insbesondere die Boulevardpresse) haben die geplanten Bestimmungen
massiv und kampagnenartig gefördert. Jeder, der gegen das Gesetz
vorgeht, wird möglicherweise von negativer Berichterstattung
bedroht sein. Einzelne Politiker (z.B. CDU-Fuchs, SPD-Neumann) haben
bereits öffentlich eingestanden, daß sie „befürchten,
ihr Konterfei neben dem Bild des nächsten totgebissenen Kindes“
in den Zeitungen zu erblicken, wenn sie nicht entsprechend handeln.
Diese Herrschaften haben ihre Gehorsamsprüfung jedenfalls mit
Prädikat bestanden.
Meine bisherige Erfahrung ist allerdings
die, dass jegliche Berichterstattung über unsere – zum
Teil sehr erfolgreichen – Aktionen konsequent vermieden wird.
Doch das kann sich schnell ändern. Wenn uns das aber von
weiteren Anstrengungen abhält, dann sind wir erpreßbar und
werden weitere „Kröten“ schlucken. Wenn wir jetzt
aber nicht als Büßer „auf die Knie gehen“ und
gestehen „Die Erde ist eine Scheibe“, dann wird sich über
kurz oder lang auch das Bild in der Boulevardpresse ändern. Denn
dieser kann man gewiß vieles vorwerfen, aber ganz bestimmt
keinen Mangel an Meinungsflexibilität.
|
|