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Knut
Mellenthin
Anmerkungen
zu Grundlagen und Funktionsweise der Monarchie im HTV
Der
Hamburger Tierschutzverein hat sich in den letzten Jahren zu einer
One-man-Show entwickelt. Wolfgang Poggendorf vereinigt das Amt des
Geschäftsführers de facto mit dem des Vereinsvorsitzenden,
obwohl dies laut Vereinssatzung eindeutig unzulässig ist.
Die übrigen Mitglieder des Vorstands spielen weder für die
Darstellung und Vertretung des HTV gegenüber der Öffentlichkeit
noch für die politische Willensbildung des Vereins eine
erkennbare Rolle. Der nominelle 1. Vorsitzende Klaus Nahrstedt - ein
Mann, der auf persönliche Empfehlung Poggendorfs 1999 auf diesen
Posten kooptiert wurde, obwohl er im HTV so gut wie unbekannt war -
ist im Verlauf von gut anderthalb Jahren nicht nennenswert in
Erscheinung getreten. Sein anscheinend wichtigster, wenn nicht
vielleicht sogar einziger Auftritt in dieser Zeit bestand in der
Überreichung eines Blumenstraußes an Frau Hiescher vom
Katzenhaus zu deren 25-jährigem Jubiläum im Tierheim. („ich
& du“ 3/2000, S. 52)
(Anmerkung
1)
Dass der HTV seit Jahren de facto allein von einem Mann
repräsentiert wird, der öffentlich damit kokettiert, er sei
„ein Machtmensch“ und sogar „machtbesessen“,
ist eine Tragödie, die viel mit seiner individuellen
Persönlichkeitsentwicklung zu tun hat. Dennoch muss jede Analyse
der jetzigen Situation nicht nur von den persönlichen Ambitionen
und Unzulänglichkeiten des amtierenden HTV-Alleinherrschers
ausgehen, sondern von dem grundsätzlichen Strukturproblem eines
solchen Vereins:
Zweifellos hat in einer Organisation
dieser Größenordnung und Bedeutung, die zugleich Betreiber
eines mittelständischen Unternehmens in Gestalt des Tierheims
ist, der Geschäftsführer a priori eine außerordentlich
starke Stellung: Während die Vorstandsmitglieder nur auf drei
Jahre gewählt sind, auch während dieser Frist gestürzt
werden können und nur ehrenamtlich in ihrer Freizeit tätig
sind, übt der Geschäftsführer seine Macht als bezahlte
Tätigkeit aus und befindet sich - zumindest wenn er einen
entsprechenden Arbeitsvertrag besitzt, was im Falle Poggendorfs nach
dessen eigenen Aussagen der Fall ist - praktisch in der unantastbaren
Stellung eines Beamten auf Lebenszeit.
Ein weiterer Faktor
kommt hinzu: Da die Mitgliederversammlungen nur von 70 bis maximal
220 Menschen besucht werden (bei einer offiziellen Mitgliederzahl des
HTV von rund 8.000), stellen die etwa 80 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Tierheims nebst ihren Familienmitgliedern ein
dominierendes Stimmenpotential dar. Dieses Potential ist aus Gründen,
die sich zwischen persönlicher Loyalität, Gruppenkonsens
und Arbeitsplatzangst bewegen, weitgehend an die Person des
Geschäftsführers gebunden, der zugleich im Tierheim ihr
oberster Chef ist und über ihr berufliches Fortkommen, ihr
Gehalt, vielleicht sogar über den Erhalt ihres Arbeitsplatzes
entscheidet. Die demokratische Willensbildung im Verein, die
ohnehin nur rein theoretisch einmal im Jahr durch die
Mitgliederversammlung zur Wirkung kommt, wird also überlagert
und tendenziell sogar ausgeschaltet durch
Abhängigkeitsstrukturen.
Das a priori - das heißt
unabhängig von der Person Poggendorfs - vorhandene strukturelle
Ungleichgewicht zugunsten des Geschäftsführers könnte
überhaupt nur ausbalanciert werden durch einen Vorstand, der
sowohl arbeitsmäßig sehr engagiert als auch politisch sehr
selbstbewusst und stark sein müsste. Von all dem kann aber schon
seit Jahren nicht die Rede sein.
Die frühere 1.
Vorsitzende Frau Spiering, die im April 1999 zurücktrat, war
zwar sehr ambitioniert, sich von Poggendorf abzugrenzen und ihre
eigene Bedeutung zur Schau zu stellen, brachte für diese Absicht
aber weder den nötigen Sachverstand und politischen Durchblick
noch den erforderlichen Durchsetzungswillen auf. Weder in der
Öffentlichkeit noch auf den Mitgliederversammlungen noch bei der
politischen Willensbildung im Verein und der Gestaltung der
Vereinszeitschrift „ich & du“ spielte sie eine
bemerkenswerte Rolle. Das gilt erst recht für ihre
Mitstreiterinnen Frau Burmeister und Frau Roser.
Der seit
dem Rücktritt von Frau Spiering amtierende Vorstand besteht
mehrheitlich aus Personen, die auf persönliche Empfehlung
Poggendorfs zu ihrer Funktionen kamen und die teilweise vorher im HTV
praktisch unbekannt gewesen waren. Ausgewählt wurden diese
Vorstandsmitglieder von Poggendorf anscheinend in erster Linie nach
dem Kriterium ihrer „politischen Zuverlässigkeit“
und ihrer Bereitschaft, sich mit einer Statistenrolle im Hintergrund
zu bescheiden. Denn der HTV-Geschäftsführer hat Angst vor
Menschen, die neben ihm „zu groß werden“
könnten.
Formal gehört Poggendorf dem Vorstand erst
seit November 1998 an. Es ist nicht völlig uninteressant und hat
ihn damals sehr verstört, dass er bei der Briefwahl mit 1.843
Stimmen klar hinter Frau Spiering (2.140 Stimmen), knapp sogar hinter
der überhaupt nicht profilierten Frau Klinkradt (1.880 Stimmen)
und weit abgeschlagen hinter Schatzmeister Manfred Elsen (2.506
Stimmen) lag. Insgesamt beteiligten sich 2571 Mitglieder an der
Briefwahl; zur Mitgliederversammlung, auf der das Wahlergebnis
verkündet wurde, waren lediglich 73 Mitglieder erschienen.
Erst
das 1997 verabschiedete neue Statut öffnete Poggendorf den Weg
in den Vorstand, der ihm als Geschäftsführer des Vereins
bis dahin verschlossen gewesen war. Frau Spiering hatte durchzusetzen
versucht, dass „Mitglieder, die in einem festen
Anstellungsverhältnis zum Verein stehen“, also auch
der Geschäftsführer, nicht dem Vorstand angehören
dürften. In der Gegenposition beschwor Poggendorf scheinheilig
das Recht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierheims, im
Vorstand vertreten zu sein, als ginge es dabei um das Recht
irgendeiner „kleinen Tierpflegerin“, an der Führung
des HTV beteiligt zu sein, und nicht etwa ganz allein um Poggendorfs
eigene Ambitionen. Das von der MV angenommene Statut (§ 15,1)
sieht nun die Möglichkeit vor, dass genau ein
Angestellter des Vereins dem Vorstand angehören darf. Dass dies
Recht in der Praxis ausschließlich dem Geschäftsführer
zusteht und dass niemand von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern es
überhaupt wagen würde und dürfte, gegen den Chef zu
kandidieren, war von vornherein selbstverständlich.
Die
Satzung macht in § 15,1 allerdings immer noch eine wesentliche
Einschränkung: Kein Angestellter des Vereins darf dem
sogenannten Vertretungsvorstand angehören. Dieser Begriff
umfasst den 1. und 2. Vorsitzenden sowie den Schatzmeister.
Poggendorf ist also per Satzung daran gehindert, die Position des
Geschäftsführers auch ganz offiziell mit der des 1.
Vorsitzenden zu vereinigen. Dass er indes in der Praxis längst
schon diese Doppelfunktion ausübt, ist der Öffentlichkeit
nicht verborgen geblieben, zumal Poggendorf sich auch gar keine
Zurückhaltung auferlegt, den wahren Sachverhalt zu verschleiern.
Seit etlichen Jahren - schon in der „Ära Spiering“,
als er dem Vorstand noch gar nicht angehörte - war es
überwiegend Poggendorf, der auf den Mitgliederversammlungen den
Geschäftsbericht des Vorstands vortrug, die
Mitgliederversammlungen leitete und selbst nach Belieben ohne
Beachtung der Rednerliste das Wort ergriff. Der ursprüngliche
Entwurf zur neuen Satzung enthielt zur Sanktionierung dieser Praxis
sogar die Formulierung: „Die Leitung der
Mitgliederversammlung hat der 1. Vorsitzende, bei seiner Verhinderung
der 2. Vorsitzende. Sind beide verhindert, leitet das an Lebensjahren
älteste Vorstandsmitglied die Mitgliederversammlung. Sie
können die Leitung der Versammlung einem Dritten übertragen.“
- Allerdings lehnte die MV 1997, die über die neue Satzung zu
entscheiden hatte, diesen allzu deutlich auf Poggendorfs Bedürfnisse
zugeschnittenen Passus ab, nachdem Kritiker es als Armutszeugnis
bezeichnet hatten, wenn der 1. oder 2. Vorsitzende nicht in der Lage
wären, selbst die Versammlung zu leiten.
Durch die
Hintertür hat sich Poggendorf inzwischen im Widerspruch zu §
15,1 der Satzung auch offiziell die Funktion des Vereinsvorsitzenden
verschafft: Laut einstimmigem Vorstandsbeschluss vom 17. Februar
dieses Jahres ist er nämlich 1. Vorsitzender des Hamburger
Landesverbandes des Deutschen Tierschutzbundes. Dieser Landesverband
hat allerdings kein eigenes Statut, keinen eigenen Vorstand, er hält
auch keine eigenen Mitgliederversammlungen ab, er existiert praktisch
überhaupt nicht eigenständig: Der HTV und der
Landesverband des Deutschen Tierschutzbundes sind schlichtweg total
identisch. Somit gilt für den Landesverband
selbstverständlich die Satzung des HTV, und eben diese schließt
die Doppelfunktion von Geschäftsführer und
Vereinsvorsitzendem eindeutig aus. Bis heute hat sich aber an
diesem Widerspruch anscheinend noch niemand gestört. Eine
Anfrage beim Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes,
Wolfgang Apel, blieb unbeantwortet.
Außerdem tritt
Poggendorf seit kurzem – meines Wissens erstmalig am Tag nach
der Mitgliederversammlung im November 2000 – unter der
Bezeichnung „Sprecher des Vorstands“ öffentlich
auf. Für ein solches Amt gibt es in der HTV-Satzung keine
Grundlage; es kommt dort schlichtweg nicht vor. De facto handelt es
sich um eine für Poggendorf maßgeschneidert geschaffene
neue Funktion, die hinsichtlich der damit verbundenen politischen
Gestaltungsmacht in der Öffentlichkeit einer Funktion im
Vertretungsvorstand zumindest gleichkommt, tatsächlich aber sie
nach Lage der Dinge bei weitem übertrifft. Mit anderen Worten:
Poggendorf als vom Verein bezahlter Geschäftsführer dürfte
nach § 15,1 der HTV-Satzung dieses neu geschaffene Amt auf gar
keinen Fall innehaben.
Die im Herbst 1997 von der
Mitgliederversammlung verabschiedete Satzung beschreibt die Aufgaben
des Vorstands so lapidar und inhaltslos wie überhaupt nur
möglich mit einem einzigen Satz: „Dem Vorstand obliegt
die eigenverantwortliche Führung des Vereines.“ (§
14, 1) Sie relativiert diese sehr schwächliche Beschreibung
außerdem durch die Maßgabe: Der Vorstand „erteilt
dem Geschäftsführer die Vollmachten, die zur Erledigung der
täglichen Geschäfte des Vereines und des Tierheims
erforderlich sind“. (§ 17,1) Diese Bestimmung hätte,
angemessen interpretiert und bei Vorhandensein eines starken
Vorstands, selbstverständlich durchaus ihre Notwendigkeit und
Berechtigung in der alltäglichen Arbeit - sofern sie
ergänzt würde durch eine klare Bestimmung im Statut, dass
der Vorstand die Richtlinien der Arbeit des Geschäftsführers
bestimmt und dass der Geschäftsführer an die Anweisungen
und Beschlüsse des Vorstands gebunden ist. Eine solche
Aussage ist aber im Statut nicht zu finden. In der Praxis des HTV
sieht es schon seit Jahren so aus, dass ausschließlich der
Geschäftsführer sämtliche Angelegenheiten des Vereins
wahrnimmt. Sei es nun das Auftreten in den Medien, die Verhandlungen
und Vertragsabschlüsse mit Behörden, die offizielle
Repräsentation des Vereins bei politischen Besuchen im Tierheim,
die Gestaltung der Vereinszeitung oder die Ausarbeitung des
Geschäftsberichts des Vorstands für die
Mitgliederversammlung. Das war im Grundsatz auch in der Zeit nicht
anders, als Frau Spiering 1. Vorsitzende war.
Es ist
gegenüber den Mitgliedern des HTV niemals offengelegt worden,
welche Vollmachten im Einzelnen der Vorstand dem Geschäftsführer
erteilt hat, welche Bereiche diese Ermächtigungen abdecken, wie
weit sie gehen und über welche theoretischen Kontroll- und
Interventionsmöglichkeiten der Vorstand überhaupt noch
verfügt. Angeblich – nach seinen eigenen Erzählungen!
- hat Poggendorf noch in der „Ära Spiering“ mit dem
Vorstand einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der ihn nicht nur
praktisch unkündbar auf Lebenszeit macht, sondern mit dem der
Vorstand auch wesentliche politische Führungsaufgaben, die in
demokratisch strukturierten Vereinen dem Vorstand obliegen würden,
an den Geschäftsführer abgetreten hat. Es wäre,
falls dies zutrifft, eine interessante Frage, ob dieser
Arbeitsvertrag überhaupt den rechtlichen Anforderungen
standhält, da er die innere Demokratie im Verein teilweise außer
Kraft zu setzen scheint. Auch wäre zu klären, ob der
damalige Vorstand (also, um es nochmals zu betonen, wesentlich Frau
Spiering!) überhaupt berechtigt war, einen Vertrag
abzuschließen, der auch künftige Vorstände de
facto daran hindert, die satzungsgemäße, nach deutschem
Vereinsrecht natürliche Führung des Vereins tatsächlich
auszuüben. Voraussetzung zur Klärung dieser Fragen wäre
selbstverständlich die Offenlegung des Arbeitsvertrags zwischen
dem Verein und Wolfgang Poggendorf, soweit dieser Vertrag Fragen
der demokratischen Strukturen des Vereins und der Einhaltung der
Satzung berührt.
Beispielsweise hat sich der
Geschäftsführer offensichtlich - wie ich aus mehrjähriger
Arbeit als Redakteur der Zeitschrift weiß - und nach seinen
eigenen Angaben das Recht gesichert, allein über Inhalt,
Gestaltung und politische „Linie“ der Vereinszeitschrift
„ich & du“ zu entscheiden, deren verantwortlicher
Redakteur er laut Impressum ist. Seit Amtieren des Vorstands in
der neuen Zusammensetzung nach dem Rücktritt von Frau Spiering
vor gut anderthalb Jahren ist von keinem Vorstandsmitglied außer
Poggendorf auch nur ein einziger Artikel in der Vereinszeitschrift
erschienen. Auch in den Jahren zuvor gab es genau einen einzigen
Artikel von Frau Spiering. Sie hatte zwar ein gewisses Veto-Recht
gegen einzelne Artikel oder Formulierungen, aber keinerlei aktiven
Einfluss auf den Inhalt der Zeitschrift. Sie hat übrigens nach
meinen Kenntnissen aus der redaktionellen Arbeit an der „ich &
du“ auch niemals versucht, einen über das
gelegentliche Vetorecht hinausgehenden Einfluss zu erlangen.
Zwar
wird im Impressum der „ich & du“ als Herausgeber der
Verein genannt, und es erscheint dort neben dem Geschäftsführer
auch der Vorstand. Aber in der 1997 beschlossenen Satzung des HTV
wird die Vereinszeitschrift mit keinem Wort erwähnt. Allerdings
sagt der normale Menschenverstand, dass die Produktion einer
Zeitschrift, die vier Mal im Jahr erscheint und einen ganz hohen
Stellenwert für die authentische Selbstdarstellung des Vereins
hat, nicht zu den „täglichen Geschäften des Vereines“
im Sinne von § 17,1 der Satzung gehört und dass es
absolut keinen plausiblen Grund gibt, diese Aufgabe mit den darin
enthaltenen erheblichen Einflussmöglichkeiten ausschließlich
dem Geschäftsführer zu überlassen.
(Anmerkung
2)
An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass die
heutige Situation nicht nur dem übersteigerten Machttrieb des
Geschäftsführers, sondern auch der umfassenden Trägheit
und Feigheit der übrigen Vorstandsmitglieder zuzuschreiben
ist.
Wolfgang Poggendorf die ganze
Arbeit zu überlassen, ist für seine Vorstandskollegen eben
auch sehr bequem. Zu der Verfestigung der Monarchie im HTV gehört
nicht nur ein extrem ambitionierter Geschäftsführer,
sondern auch Menschen, die sich zwar aus irgendwelchen Motiven in den
Vorstand wählen lassen, aber nicht die Absicht und Bereitschaft
haben, die damit verbundenen Aufgaben und Pflichten gegenüber
den Mitgliedern wahrzunehmen. Dass es ihnen teilweise auch an der
Befähigung dazu fehlt, kommt hinzu und ist kein
Entschuldigungsgrund: Wer die umfassenden Führungsaufgaben
eines Vorstandsmitglieds nicht wahrnehmen kann oder sich dies nicht
zutraut, sollte gar nicht erst kandidieren.
Die Aufgaben
der Mitgliederversammlung werden im Statut zwar ausführlich,
aber rein formalistisch beschrieben: Beschlussfassung über den
Geschäftsbericht, über den Bericht des Rechnungsprüfers,
den Jahresabschluss, ferner die Wahl des Vorstands und der
Rechnungsprüfer, Satzungsänderungen sowie letzten Endes die
Entscheidung über eine Auflösung des Vereins. Nicht
enthalten ist im Statut als Aufgabe der MV aber die Diskussion und
Beschlussfassung über die Politik des Vereins und damit über
die grundsätzlichen Vorgaben sowohl für den Vorstand wie
auch für den Geschäftsführer. Diese Lücke ist
nicht etwa einem Versehen geschuldet, sondern entspricht den
Absichten und der langjährigen Praxis des Geschäftsführers:
Auf den Mitgliederversammlungen findet keine Diskussion über die
praktische und politische Tätigkeit und Strategie des Vereins
statt, sondern es werden allenfalls, wenn unvermeidlich, persönliche
Querelen wie der Rücktritt von Frau Spiering auf niedrigstem
Niveau abgehakt.
Die Möglichkeiten, auf der einmal im
Jahr stattfindenden Mitgliederversammlung korrigierend in die Politik
des Vorstands und insbesondere des Geschäftsführers
einzugreifen, sind kaum größer als Null. Denn laut §
19,4 der Satzung können Beschlüsse auf der MV nur über
die Gegenstände der Tagesordnung gefasst werden. Das heißt
zum Beispiel, um auf der Mitgliederversammlung einen Beschluss gegen
Poggendorfs „Kampfhund“-Politik herbeizuführen,
müsste dieser Punkt erst einmal auf der Tagesordnung stehen. Die
Festlegung der Tagesordnung aber ist laut Satzung praktisch
ausschließlich Sache des Vorstands. Es gibt lediglich eine
theoretische Möglichkeit, auch von Mitgliederseite die
Behandlung eines Tagesordnungspunkts zu erreichen: „Wenn
mindestens 1 Prozent der Mitglieder des Vereins in einer von ihnen
unterschriebenen Eingabe unter Anführung des Zweckes und der
Gründe die Beschlußfassung über bestimmte, zur
Zuständigkeit der Mitgliederversammlung gehörende
Gegenstände spätestens acht Tage vor der
Mitgliederversammlung verlangen, müssen diese auf die
Tagesordnung gesetzt werden.“ (§ 19,3 der Satzung)
1
Prozent sind bei einem buchmäßigen Mitgliederstand von
rund 8.000 immerhin 80 Personen. Wer aber kennt so viele
Mitglieder persönlich mit Adresse, um sie ansprechen zu können?
Man muss zudem bedenken, dass eine Mitgliederversammlung mit nur 73
stimmberechtigten Teilnehmern (1998) - davon schätzungsweise die
Hälfte zum Gehorsam verdonnerte Angestellte Poggendorfs und
deren Familienangehörige - etwa im Durchschnitt liegt und dass
nur zu ganz besonderen Anlässen (Neufassung der Satzung 1997;
Rücktritt von Frau Spiering 1999) mehr als 200 stimmberechtigte
Mitglieder zur MV kamen. Im Übrigen sieht die Satzung noch
nicht einmal eine Mindestzahl anwesender Mitglieder für die
Beschlussfähigkeit einer MV vor. Umso weniger ist die fast
unüberwindliche 1-Prozent-Klausel zu rechtfertigen, mit der
praktisch die Souveränität der MV über ihre eigene
Tagesordnung verhindert wird. Übrigens war im ursprünglichen
Satzungs-Entwurf sogar eine 3-Prozent-Klausel vorgesehen; das wurde
aufgrund von Kritiken aus der MV dann abgeschwächt.
In
jeder demokratischen Organisation ist die Mitgliederversammlung
selbstverständlich das höchste Diskussions- und
Beschluss-Organ. Eine entsprechende Festlegung fehlt jedoch, offenbar
ganz bewusst, im Statut des HTV. Der von Poggendorf für sein
persönliches Machtstreben instrumentalisierte Vorstand macht
sich nicht einmal die Mühe, seine Verachtung für die
Mitgliederversammlung zu verbergen. Das soll am folgenden Beispiel
gezeigt werden: Aufgrund von Vorwürfen gegen Poggendorf auf der
MV am 6. November 1999 beschloss der Vorstand den Ausschluss von
Karin Roser - bekanntermaßen der Gruppe um Frau Spiering
zugehörig - aus dem Hamburger Tierschutzverein. Der Sachverhalt,
um den es bei diesen Vorwürfen ging - es fällt schwer,
einer der beiden streitenden Seiten Recht zu geben, beide hatten wohl
Unrecht - kann hier getrost außer acht gelassen werden. Denn
der Vorstand stellt sich ausdrücklich auf den Standpunkt, dass
unabhängig vom Wahrheitsgehalt ihrer Vorwürfe Frau
Roser keinesfalls das Recht gehabt hätte, sie auf der MV
vorzutragen. Im Erwiderungsschreiben an das Amtsgericht Hamburg auf
die Klage von Frau Roser (14.3.2000) ließ der Vorstand von
seinen Anwälten erklären:
„Unabhängig
vom Inhalt und vom Wahrheitsgehalt des von der Klägerin
erhobenen Vorwurfes würde aber auch allein der Umstand, dass sie
ihn öffentlich erhoben hat, den Beschluss über ihren
Ausschluss rechtfertigen. Als Vereinsmitglied muss sie sich zwischen
den sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Loyalitätspflichten
gegenüber dem Verein und dem ihr ansonsten unbenommenem Recht
der freien Meinungsäußerung entscheiden: Als Mitglied hat
sie alles zu unterlassen, was dem Vereinszweck schaden kann.
Die
Klägerin war bereits mehrfach im Laufe des letzten Jahres darauf
aufmerksam gemacht worden, dass der Beklagte nicht bereit sein
würde, Kritik über Vereinsinterna mit einem Mitglied in
öffentlicher Auseinandersetzung abzuhandeln; dazu ist er
nicht verpflichtet. Wenn die Klägerin sich daran jedoch nicht
halten will, hat der Beklagte das Recht, sie aus dem Kreis seiner
Mitglieder auszuschließen.“
Bemerkenswert ist
an dieser Argumentation zum einen, dass Kritik an der Person
Poggendorfs und dessen ganz persönlichem Handeln mit Hinweis auf
die „Loyalitätspflichten gegenüber dem Verein“
verhindert werden soll. Das deutet auf Verlust des Realitätsbezugs
hin, denn selbstverständlich mag Herr Poggendorf vieles sein und
sogar noch werden können, aber keinesfalls ist er als Person
identisch mit dem HTV. Zweitens sticht die hier ausdrücklich
und unmissverständlich formulierte Weigerung des Vorstands ins
Auge, sich auf der Mitgliederversammlung (denn nichts anderes ist
im konkreten Fall der Ausschlussbegründung gegen Frau Roser mit
der „öffentlichen Auseinandersetzung“ gemeint!) der
Kritik durch Mitglieder zu stellen.
Der
Vorstand des HTV scheint Probleme mit den Spielregeln einer
demokratischen Gesellschaft zu haben: Selbstverständlich ist die
Mitgliederversammlung genau das richtige (und innerhalb des
Vereins auch das einzige) Forum, um Kritik an der Vereinsführung
den Mitgliedern vorzutragen und zur Diskussion zu stellen, wobei
diese Kritik selbstverständlich sachlich, wahrheitsgemäß
und nicht persönlich beleidigend sein sollte. Und was das
ohnehin sehr schwache, gern missbrauchte Argument angeht, Kritik
dürfe nicht „öffentlich“ geübt werden, so
müsste man nötigenfalls lieber die Öffentlichkeit,
d.h. die Journalisten, von Teilen der MV ausschließen, statt
die Redefreiheit einzuschränken und die demokratische Funktion
der Mitgliederversammlung als höchstes Beschlussgremium des
Vereins außer Kraft zu setzen. (Denn das souveräne Recht
der MV, Beschlüsse zu fassen, setzt das Recht der freien
Diskussion selbstverständlich voraus, und der Vorstand ist
ebenso selbstverständlich auch verpflichtet, sich auf
Mitgliederversammlungen der Kritik zu stellen.)
Zur Frage der
vom HTV-Vorstand behaupteten Unzulässigkeit von „öffentlicher“
Kritik ist ein weiterer Rechtsstreit zwischen Frau Roser und dem
Vorstand erwähnenswert, auf den auch in den oben zitierten
Sätzen aus dem Anwaltsschreiben vom 14.3.2000 angespielt wird:
Frau Roser hatte sich auf einem Treffen ehrenamtlicher
MitarbeiterInnen des HTV (also noch nicht einmal öffentlich!) im
April 1999 kritisch darüber geäußert, dass während
der ersten Amtszeit Poggendorfs als Geschäftsführer (etwa
1989 bis 1991; der genaue Zeitraum wäre noch festzustellen) im
Tierheim Hunderte von Hunden und Katzen getötet wurden. Unter
anderem erwähnte sie, dass 1989 nachgewiesenermaßen
1.477 Katzen und 234 Hunde im Tierheim Süderstraße getötet
worden seien. Diese Zahl ergibt sich nach ihrer eigenen
Berechnung aus den von den Tierärzten Monat für Monat
erstellten Listen über Neuaufnahmen, Vermittlungen, natürliche
Todesfälle, Tötungen u.a. Von der Existenz dieser Listen
konnte ich mich selbst überzeugen. Die Gesamtrechnung für
1989 habe ich nicht überprüft und kann zu dieser Zahl nicht
Stellung nehmen. Die von Frau Roser genannten Zahlen erscheinen mir
aber angesichts der Monatslisten, die ich gesehen habe,
realistisch.
Der Vorgang als solcher – soweit
es die Tötung von Katzen angeht – wurde sogar öffentlich
durch Aussagen von Heimtierarzt Dr. Neitzel - zitiert im
Hamburger Abendblatt vom 8. April 1999 - bestätigt, der
dafür laut HA Frau Spiering persönlich verantwortlich
machte, die zur Zeit der Massentötungen zwar dem Vorstand
angehört hatte, aber nicht als Vorsitzende.
Der Vorstand
forderte Frau Roser nach ihren Äußerungen auf dem Treffen
der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen auf, ihre Behauptung über
die massenhafte Tötung von Hunden und Katzen nicht zu
wiederholen. Der Vorstand ließ in seinen Anwaltsschreiben
erklären, ihm sei von solchen Tötungen nichts bekannt.
Außerdem aber wäre die Aussage von Frau Roser auf jeden
Fall „vereinsschädigend“, selbst dann, wenn sie
richtig wäre.
Da Frau Roser
die geforderte Unterlassungserklärung verweigerte, „bestrafte“
sie der Vorstand schließlich, indem er ihr verbot, weiter als
ehrenamtliche Mitarbeiterin des Vereins bei der Überprüfung
vermittelter Tiere tätig zu sein.
(Anmerkung
3)
Die
hier durch die Anwälte des HTV verkündete Weltanschauung
des Vorstands und insbesondere des Geschäftsführers –
über Missstände und tierschutzwidrige Handlungen im
Tierheim darf nicht gesprochen werden - passt nicht in das Umfeld
einer demokratischen Gesellschaft, sie entstammt vergangenen Zeiten.
Zur Würdigung dieses Sachverhalts muss man sich
vergegenwärtigen, dass der Tierschutzverein nicht ein privater
Club ist, in dem man sich Urlaubsfilme vorführt, der gemeinsamen
Freude an bestimmten Hunderassen frönt oder Lampionfeste im
Schrebergarten veranstaltet. Sondern der HTV agiert, gerade auch
aufgrund der großen Medien-Freudigkeit des Geschäftsführers,
ständig in der Öffentlichkeit. Er ist also in dieser
Beziehung eher einer politischen Partei als einem Freizeitclub
vergleichbar. Und selbstverständlich geht ein Vorwurf wie die
gegen das Tierschutzgesetz verstoßende Tötung hunderter
von Hunden und Katzen im HTV-Tierheim die Öffentlichkeit
durchaus etwas an. Sie hat, falls an diesem Vorwurf wirklich etwas
dran sein sollte, das Recht, die Wahrheit zu erfahren, selbst wenn
diese Wahrheit unvorteilhaft für den Verein wäre.
In
diesen Zusammenhang gehört auch mein eigener Ausschluss aus dem
HTV, der mir am 23.12.2000 mitgeteilt wurde, nachdem mir mit Datum
20.10.2000 von den Anwälten des HTV eine in der Satzung
überhaupt nicht vorgesehene „Abmahnung“ erteilt
worden war, woraus sich ein umfangreicher Schriftwechsel ergab. Im
wesentlichen wurde mir mein Artikel „Wer mit dem Teufel aus
einer Schüssel essen will, muss einen sehr langen Löffel
haben“ vorgehalten, der auf der Internet-Seite des Vereins
gegen die Diskriminierung von Hund und Halter sowie im Buch des
Kynos-Verlags „Die große Kampfhundlüge“
veröffentlicht ist. Ich argumentierte in diesem Schriftwechsel
im Wesentlichen, dass die mir vorgeworfenen Textstellen beweisbare
Tatsachenbehauptungen seien, worauf der Vorstand jedoch mit keinem
Wort einging.
Daraufhin schrieb ich dem
Vorstand am 11.12.2000: „Es dürfte Ihnen auch sehr schwer
fallen, mich sachlich zu widerlegen, wenn ich feststelle:
dass Herr Poggendorf eine ganze Rasse oder Gattung von Hunden mit nachweislich unwahren, unwissenschaftlichen Behauptungen verteufelt;
dass Herr Poggendorf sich öffentlich in äußerst widersprüchlicher Weise äußert und damit die politische Glaubwürdigkeit unseres Vereins schwer beschädigt;
dass Herr Poggendorf Tatsachen entsprechend seinen jeweiligen Zielen verdreht und manipuliert;
dass Herr Poggendorf in der Öffentlichkeit wiederholt die Unwahrheit gesagt hat, so zum Beispiel hinsichtlich der Zahl der im Tierheim Süderstraße aufgenommenen Pitbulls und auch hinsichtlich des Umfangs von Beißzwischenfällen im Tierheim.“
Anwalt
Reclam, der sowohl den HTV als auch den Privatmann Poggendorf
juristisch vertritt, antwortete mit Datum 12.12.2000, ohne eine
einzige meiner Aussagen zu bestreiten:
- „Sie verkennen offenbar, daß es nicht darum geht, ob Ihre öffentlich verbreiteten Behauptungen wahr sind oder nicht, sondern allein darum, daß Sie als Mitglied des Vereines alles zu unterlassen haben, was dem Verein schaden kann. Jedes Vereinsmitglied muß für sich selbst die Abwägung zwischen seinen Pflichten als Vereinsmitglied und seinen allgemeinen Rechten, und zwar auch den Grundrechten wie z.B. demjenigen der freien Meinungsäußerung, treffen, die – wie auch Ihr Fall wieder zeigt – durchaus miteinander kollidieren können.“
Als
letztes Relikt von demokratischer Diskussion und Kontrolle ist die
Mitgliederversammlung für den Geschäftsführer
im Grunde ein Störfaktor, der eliminiert werden sollte. Im
internen Gespräch tut er schon mal die Absicht kund, den Verein
völlig vom Tierheim abzukoppeln, damit wenigstens dort ihm
garantiert niemand mehr hineinreden kann. Mit zunehmender
Verfestigung seiner Machtstellung wird Poggendorf auch kühner
und offener bei der öffentlichen Äußerung seiner
wahren Ansichten über die Mitgliedschaft des HTV. Deborah Knür
von der „Welt“ lieferte genau rechtzeitig zur MV im
November 1999 ein Stück reinster Hofberichterstattung ab, als
dessen Vorlage offenbar ein ausführliches Gespräch mit
Poggendorf gedient hatte. (WELT, 6.11.99) Frau Knür – die
sich übrigens inzwischen auch als fanatische Befürworterin
der Hundeverordnung profiliert hat - zitierte dort die Äußerungen
des Geschäftsführers folgendermaßen: „‘Wir
leben von den Spenden und von den Erbschaften’, bekennt er, dem
vornehmlich die alten Damen wohlgesonnen sind. Die Vereinsbeiträge
spielten kaum eine Rolle, sagt Poggendorf, der am liebsten den
Mitgliedern (8000 hat der Verein derzeit) ein Scheckbuch in die Hand
drücken möchte, ‘wenn sie glauben, den Mund aufreißen
zu können, nur weil sie 50 Mark bezahlen’.“
Nicht
ganz so direkt und beleidigend, aber im Grunde auf derselben Linie
erklärte Poggendorf dann in seinem Geschäftsbericht an die
Mitgliederversammlung: „Die Ziele, die wir uns zur
Verbesserung des Tierschutzes gesteckt haben, können auch
künftig nur erfüllt werden durch Spenden und Nachlässe.
Die Mitgliedsbeiträge, die oft in den Vordergrund gerückt
werden, bei der Unterhaltung des Tierheims nur eine untergeordnete
Rolle. Bei rund 8.000 Mitgliedern betragen die Einnahmen aus
Mitgliedsbeiträgen ca. DM 400.000.- Von diesem Betrag ist die
Kontenpflege durch die Mitgliedsabteilung und die Buchhaltung zu
finanzieren, ebenso die Kosten der Vereinszeitschrift, so dass
letztendlich von den Mitgliedsbeiträgen ein Betrag von DM
250.000.- zur Verfügung steht. Zum Vergleich: Unser Jahresetat
beträgt ca. 10 Mio. DM. Die reinen Personalkosten betragen ca.
4,5 Mio. DM. Somit würden die verbleibenden DM 250.000.- aus den
Mitgliedsbeiträgen gerade einmal für 14 Tage reichen.“
(„ich & du 4/1999)
Das wirft natürlich aus
Sicht des Geschäftsführers die Frage auf, wozu man
überhaupt noch die Mitglieder braucht. Zumindest aber ist klar,
dass Menschen, die nur ihren Mitgliedsbeitrag bezahlen und vielleicht
darüber hinaus noch armselige 100 oder 200 Mark im Jahr spenden,
aus Poggendorfs Sicht eigentlich gar kein Recht haben, über die
Politik des Vereins mitreden zu wollen. Diese nur aufs große
Geld fixierte Sichtweise übersieht, dass man den Wert und
Einsatz von 8.000 Mitgliedern für den Tierschutz nicht in erster
Linie nach den Mitgliedsbeiträgen taxieren darf. Was wäre
denn der Verein ohne die Mitglieder, die für den Tierschutz, das
Tierheim und den HTV nach außen werben, ohne die vielen
ehrenamtlichen Arbeitsstunden? Außerdem sind Poggendorfs
Äußerungen und seine Einstellung kalt, herzlos und
beleidigend gegenüber vielen Menschen, für die
beispielsweise 50 Mark ein sehr viel größeres persönliches
Opfer bedeuten als ein Tausender für den Geschäftsführer.
Denken wir beispielsweise auch an die Kinder: Immer wieder kommen
Gruppen, vor allem Mädchen, ins Tierheim, um Beträge
zwischen 50 und 300 Mark abzugeben, die sie selbst gesammelt haben.
Nur „Peanuts“ für den Geschäftsführer, für
den anscheinend mit zunehmendem Machtrausch nur noch
Multimillionärinnen mit mehreren Pelzmänteln im
Kleiderschrank zählen?
Als Tierschutzverein ist der HTV
trotz nominell 8.000 Mitgliedern und einem Vermögen von rund 30
Millionen Mark außerhalb seines Tierheims und abgesehen von den
unüberschaubar zahlreichen, von niemand beauftragten oder
kontrollierten Solo-Aktivitäten Poggendorfs praktisch nicht
existent. Die wenigen Aktionen, die im Laufe der letzten Jahre
unternommen wurden, dienten in erster Linie momentanen taktischen
Zielen Poggendorfs, beispielsweise zur kurzfristigen Verbesserung der
politischen Bilanz beim Dachverband, dem Deutschen Tierschutzbund,
oder um im Geschäftsbericht an die MV ein paar Punkte aufzählen
zu können. Die wenigen Aktionen wurden praktisch ausschließlich
von Angestellten des Tierheims und einigen Ehrenamtlichen getragen.
Nicht einmal die Mitgliedschaft des HTV, geschweige denn Kreise
darüber hinaus wurden informiert und mobilisiert.
In
keinem einzigen Fall hat Poggendorf zugelassen, dass sich aus einer
Einzelaktion eine kontinuierliche Arbeit im Verein zu bestimmten
Tierschutzthemen entwickelte. Im Gegenteil wusste er Ansätze zu
einer systematischeren Tätigkeit immer wieder hinzuhalten und
letztlich zu unterbinden. Poggendorf misstraut jeder politischen
Eigeninitiative im Verein grundsätzlich, nach dem Motto: Nur
passive Mitglieder sind wirklich bequeme Mitglieder, und nur ein
Verein ohne eine lebendige Mitgliederkultur ist beliebig
manipulierbar. So wird man es vielleicht nicht zuletzt auch als
Poggendorfs „Verdienst“ ansehen müssen, dass eine
sehr lebendige Schülerinnengruppe im HTV recht schnell wieder
von der Bildfläche verschwand und dass das vor einiger Zeit vom
Vorstand vor den Mitgliedern abgegebene Versprechen, im
darauffolgenden Jahr eine Jugendorganisation des HTV zu gründen,
nicht eingelöst wurde, ohne dass darüber auch nur ein
einziges Wort verloren wurde.
Was
tun?
1.) Ohne
Aktivierung einer größeren Zahl von HTV-Mitgliedern ist
dauerhaft keine Veränderung zu erreichen. Um etwas bewirken zu
können, müssten neue Vorstandsmitglieder sich auf eine
lebendige, eigeninitiative Basis und auf ein vernünftiges
Aktionsprogramm stützen können. Eine Negativ-Koalition
der teilweise ziemlich fragwürdigen bisherigen „Opposition“
(Frau Spiering, Frau Roser usw.) reicht dazu keinesfalls aus, sondern
würde eher zum Schuss, der nach hinten losgeht.
2.)
Wichtig ist der Respekt vor der zentralen Stellung des Tierheims für
die Tierschutzarbeit des HTV. Ein Neubeginn ohne oder gegen die
Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierheims wäre
höchstwahrscheinlich aussichtslos, auf jeden Fall aber völlig
kontraproduktiv. Unqualifizierte Einmischung in die Arbeit des
Tierheims und ebenso unqualifizierte Kritik an den Investitionen im
Tierheim, wie sie in den letzten Jahren das Bild der desolaten
„Opposition“ im Verein bestimmten, sind nur geeignet,
Poggendorf in die Hände zu arbeiten.
3.) Eine
Mitarbeit im Vorstand ist sinnlos, solange keine offizielle,
rechtlich „wasserdichte“ Neubestimmung des Verhältnisses
zwischen dem Vorstand und dem Geschäftsführer erfolgt.
Solange Poggendorf in diesem Amt festsitzt, ist bei der jetzigen Lage
der Dinge gegen ihn wenig auszurichten. Es wäre im Gegenteil zu
befürchten, dass einzelne oppositionelle Vorstandsmitglieder von
ihm zum Narren gehalten würden, systematisch von wichtigen
Vorgängen ferngehalten würden und schließlich
resignieren. Sofort-Forderung muss deshalb die Offenlegung des
Arbeitsvertrags zwischen dem Verein und dem Geschäftsführer
sein. Darüber hinaus ist eine Satzungsänderung anzustreben,
durch die festgeschrieben wird, dass der Vorstand gegenüber dem
Geschäftsführer weisungsbefugt ist und die Richtlinien für
dessen Arbeit bestimmt. Längerfristig sind die bisherigen
Funktionen des Geschäftsführers auf die eines
Betriebsführers für das Tierheim zu beschränken.
Wieweit dies gegenüber Poggendorf aber überhaupt
arbeitsrechtlich möglich wäre, müsste noch geprüft
werden.
Knut Mellenthin
Anmerkungen
1)
Die auf der MV 1999 gestellte Frage nach der Zulässigkeit der
Aufnahme von Herrn Nahrstedt und auch von Frau Dr. Kimpfel-Neumaier
in den Vorstand wurde ausweichend beantwortet. Die Vereinssatzung
besagt dazu (§ 15): „Vorstandsmitglied kann werden, wer
mindestens 30 Monate persönliches Mitglied des Vereines ist oder
besondere und vom Vorstand mehrheitlich festzustellende Verdienste
und/oder Fähigkeiten aufweist.“ - Es wurde auf der MV
nicht erklärt, seit wann die beiden neuen Vorstandsmitglieder
dem HTV angehören, bzw. aufgrund welcher „besonderen
Verdienste“ und/oder „Fähigkeiten“ die
30-Monatsfrist für sie nicht zu gelten braucht.
Ob der §
15, der ausdrücklich eine einseitige Privilegierung für
Parteigänger der amtierenden Vorstandsmehrheit vorsieht –
da über das Vorliegen „besonderer Verdienste oder
Fähigkeiten“ ausschließlich der Vorstand entscheidet
-, rechtsstaatlichen Kriterien wirklich standhält, ist eine der
zahlreichen juristischen Fragen, die hinsichtlich der HTV-Satzung
gründlich überprüft werden müssten. Fragwürdig
ist zum Beispiel auch, dass die Satzung gegen einen Ausschluss aus
dem Verein - über den allein der Vorstand entscheidet - absolut
keine Kontroll- und Berufungsmöglichkeit (insbesondere durch die
Mitgliederversammlung) vorsieht.
2) In einem Brief des
HTV-Vorstands vom 25. September 2000 an ein Mitglied (Frau Dobbertin)
, die einige kritische Frage zu den Vereinsstrukturen gestellt hatte,
werden die wirklichen Machtverhältnisse mit schamloser Offenheit
dargestellt: „(...) möchten wir allerdings darauf
hinweisen, dass Ihre Ansicht, der 1. Vorsitzende und nicht der
Geschäftsführer sei für den Verein verantwortlich,
nicht zutreffend ist.
Zwar obliegt nach § 14 der Satzung dem
Vorstand die eigenverantwortliche Führung des Vereines - §
17 sieht jedoch vor, dass der Vorstand einen Geschäftsführer
einstellt und ihm die Vollmachten erteilt, ‘die zur Erledigung
der täglichen Geschäfte des Vereines und des Tierheims
erforderlich sind’. Anders als durch einen hauptamtlichen
Geschäftsführer sind die ‘täglichen Geschäfte’
nicht zu bewältigen - selbst ein noch so engagierter Vorstand
aus ehrenamtlichen Mitgliedern ist allein aus zeitlichen Gründen
dazu nicht in der Lage. Auch wenn also - insoweit haben Sie recht -
nach außen hin der Vorstand die Verantwortung trägt, liegt
sie intern beim Geschäftsführer, Herrn Poggendorf, der
seine Aufgaben grundsätzlich in Übereinstimmung mit den
übrigen Vorstandsmitgliedern wahrnimmt und auch für eine
Klärung grundsätzlicher Fragen im Vorstand sorgt, wenn das
die Erfüllung seiner Aufgaben verlangt. (...)Selbstverständlich
stehen die übrigen Mitglieder des Vorstandes hinter dem
Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Wolfgang Poggendorf
und unterstützen ihn entsprechend ihren Kräften und
Möglichkeiten bei der Erfüllung seiner Aufgaben.“
Das spricht für sich selbst: der Vorstand führt
nicht den Verein, sondern „unterstützt“
Wolfgang Poggendorf. Nicht der ehrenamtliche Vorstand gibt dem
besoldeten Geschäftsführer die Grundlinien seiner Arbeit
vor, sondern der Geschäftsführer „sorgt für
die Klärung grundsätzlicher Fragen im Vorstand“.
Verwirrend ist lediglich die Aussage, der Vorstand trage „nach
außen“ die Verantwortung, denn gerade „nach außen“
wird der Verein ja ausschließlich durch Poggendorf
repräsentiert. Die Begriffe „nach außen“ und
„intern“ muss man anscheinend so übersetzen:
Offiziell trägt der Vorstand die Verantwortung, in
Wirklichkeit aber liegt sie bei Poggendorf.
(Geschrieben im Jahr 2001, vermutlich im Frühjahr)