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Tiertransporte und kein Ende
Seit Jahrzehnten werden täglich Millionen Tiere quer durch die Bundesländer, die EU und darüber hinaus transportiert – durstende, erschöpfte und verletzte Tiere sind der Alltag, ebenso wie technische Mängel der Fahrzeuge, Überladungen, zu lange und nicht eingehaltene Transportzeiten, fehlende oder unzulängliche Veterinärkontrollen, Hitze, brutale Behandlungen, Transportunfälle, fehlende Zweitfahrer, wirkungslose Bußgelder, Vorschriften, die sich nicht durchsetzen lassen usw. usf.
Nun liegt auf Grund einer EG-Verordnung von 2005 der Entwurf der deutschen „Verordnung zum Schutz der Tiere im Transport“ vor. Leider weitgehend folgenlos: Denn wiederum ist es bei acht Stunden Transportdauer geblieben (wohlgemerkt innerhalb der EU; hinzu kommen die Zeiten über deren Grenzen). Es fehlen ebenso notwendige wie naheliegende Regelungen wie: Vor jeder Fahrt muss ein Veterinär die Transportfähigkeit der Tiere sowie die Fahrzeugausstattung überprüfen und genehmigen, die Art der Unterbringung und die Anzahl der Tiere. Bei der Verladung ist zwingend darauf zu achten, dass die Gruppen beisammen gehalten werden, die schon vorher zusammen gelebt haben. Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius dürften keine Transporte stattfinden. Sicherzustellen ist, dass die Tiere ungehinderten und für sie erkennbaren Zugang zu den Tränkevorrichtungen in den Fahrzeugen haben. Ebenso selbstverständlich sollte es sein, dass hochträchtige Tiere nicht auf den Transport geschickt werden, ebenso wenig wie neugeborene und weibliche Tiere, deren letzte Geburt weniger als eine Woche zurückliegt. Das gleiche gilt für nicht abgesetzte Kälber, Lämmer, Ferkel und Zickel, die erst ab einem Alter von vier Wochen transportiert werden dürften.
Die Ruhepausen zur Versorgung mit Wasser und Futter dürfen drei Stunden nicht unterschreiten. Elektrische Treibhilfen sind zu verbieten. Während der letzten Fahrt erkrankte oder verletzte Tiere sind bei der nächsten Versorgungsstation zu versorgen. Falls sie bei der Ankunft an den Außengrenzen der EU nicht in einwandfreiem Gesundheitszustand sind, sind sie unter Veterinärkontrolle und Behandlung zu stellen, wobei ihnen eine Erholungszeit von mindestens 24 Stunden zu gewähren ist. Notfalls sind sie zum nächstgelegenen Schlachthof zu bringen. Die Gefälle von Rampenanlagen dürfen nicht mehr als 20 % betragen.
Ausfuhrlizenzen sind ausschließlich solchen Transportunternehmen zu erteilen, die nachweislich vom Herkunftsort an die Tiere im Einklang mit den in der EU geltenden Normen transportiert haben.
Eine einheitlich EU-Datenbank ist einzurichten, in der alle zugelassenen und nicht zugelassenen Transportunternehmer, die Einzelheiten ihrer Fahrzeuge und alle bisherigen Verstöße registriert sind, sodass deren Daten von allen Zollstellen an den Außengrenzen der EU sowie von den Abfertigungsstellen innerhalb der Union, den Veterinärbehörden und der Polizei sowie den Tierschutzorganisationen abgerufen werden können.
An den Grenzkontrollstellen sind sie Tiertransporte vorrangig abzufertigen. Personal, das sich als ungeeignet erwiesen hat, ist von jeglicher Arbeit im Tiertransportwesen für immer auszuschließen. Grausamer Behandlung von Tieren überführtes Personal ist strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
All dies und weiteres fehlt auch in dem neuen Verordnungsentwurf! Er ist wieder eine Mogelpackung. Selbst das Richtige darin bleibt Papier angesichts der fehlenden Kontrollen.
Grundsätzlich gilt vor allem folgendes:
Die schwerwiegenden Probleme der Tiertransporte sind – der Logik des Marktes folgend – nur als zwangsläufiges Ergebnis der falschen Agrarpolitik der Europäischen Union zu begreifen mit ihrer intensiven Überproduktion, Exportorientierung und verfehlten Subventionspolitik. Nur eine grundlegende Reform der Agrarpolitik kann eine Lösung für die Probleme der Tiertransporte herbeiführen. Die Erfahrung lehrt, dass es nicht genügt, Verordnungen in einigen Details zu verbessern, sondern dass es dringend erforderlich ist , auf die Abschaffung der Lebendtiertransporte über den engeren regionalen Bereich hinaus überhaupt hinzuwirken, was bedeutet, die entsprechenden Subventionen zu streichen, als die finanziellen Anreize für Tiertransporte wegzunehmen, die z.B. verursachen, dass Pferde vom Baltikum bis nach Italien und Südfrankreich gebracht werden. Die Tiere sind nur noch nahe ihrer Aufzuchtorte zu schlachten, also im nächstgelegenen Schlachthof. Insbesondere und zuvörderst darf es keine grenzüberschreitenden Transporte so genannter „Nutz“- und Schlachttiere geben. In keinem Fall darf die Transportdauer 6 Stunden überschreiten.
Die Tiertransporte sind durch Transporte mit gekühltem Fleisch zu ersetzen. Nur ein solcher Wandel würde dem bereits im Protokoll zum Amsterdamer Vertrag festgelegten Schutz der Tiere und ihrer Respektierung als leidensfähige Lebewesen entsprechen. Mit den freiwerdenden Subventionsmitteln aus dem EU-Haushalt ist die Einrichtung von Kühlanlagen in den Ex- und Importländern zu fördern. Keinem EU-Mitgliedstaat darf es weiterhin gestattet sein, aus Drittländern lebende Tiere zum Schlachten zu importieren. Besonders vordringlich ist das Schlachttier-Exportverbot in Ländern, in denen nicht nach den Schlachtrichtlinien der EU geschlachtet wird. Ferner sind sämtliche Tiertransporte zum Zweck von Tierversuchen zu verbieten.
Alle Maßnahmen werden nur greifen, wenn mit den geltenden und deutlich verbesserten Vorschriften harte wirtschaftliche und strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen verbunden werden.
Edgar Guhde
Die AG Tierschutz und Ökologie, DIE LINKE., Landesverband Hamburg, erklärt diesen Text zum Arbeitspapier. Dirk Schrader, Hamburg |