Hungern
für Biosprit
von Felix Ekardt
Aktuell
forciert die Politik einen Bioenergieboom in den Sektoren Strom,
Wärme und Treibstoff als Königsweg zum Klimaschutz. Und
in der Tat: Im Idealfall setzt energetisch genutzte Biomasse aus
Raps, Sonnenblumen oder Kartoffeln nur die Klimagase frei, die
sie zuvor der Luft entzogen hat. Sie ist also besser als Öl
oder Kohle. Allerdings liefert Biomasse in ihren bisher technisch
verfügbaren Formen nur relativ wenig Energie pro Einheit.
Und wenn sie in industrieller Landwirtschaft energieaufwändig
produziert, veredelt und über große Entfernungen
transportiert wird, untergräbt dies den Kli9maschutz- und
Ressourcenspareffekt. Noch schlechter als bei Strom und Wärme
ist die Bilanz beim Biosprit. Zudem würde die Abdeckung des
riesigen Energiebedarfs westlicher Länder durch Importe aus
Entwicklungsländern eine weitere Verschärfung der
Welternährungslage bedeuten.
Bioenergienutzung und
Bioenergieförderung müssen darum an klare Spielregeln
in puncto ökologische Gesamtbilanz der Biomasse
einschließlich der Transport- und der Anbauenergie gebunden
werden. Denn eine Biomasseproduktion mit erdölfressenden und
ergo klimagasausstoßenden Traktoren, Düngern und
Transportschiffen nützt dem Klima wenig. Die Regeln müssen
aber globale Regeln sein, auch wenn Bürger und Politiker
unverändert meist eine nationale Politikperspektive im Kopf
haben. Globale Regeln braucht man nicht nur, wenn Biomasse
zunehmend global gehandelt wird, sondern auch, weil die
Nationalstaaten sonst aus Kostengründen lieber um die
niedrigsten Umweltstandards konkurrieren.
Am besten wäre
aber ein allgemeiner (möglichst globaler) Klimagaspreis
durch wirklich einschneidende Ökosteuern auf Energie und
alles andere, was potenziell Klimagase freisetzt. Dann würden
Transport-LKW´s und Anbau-Traktoren der Biomasse
automatisch zum Thema. Und die riesigen Energiesparpotenziale bei
Autos, Wärmedämmung, Elektrogeräten, einfach
überall würden endlich als Hauptoption des
Klimaschutzes erkannt. Parallel zu einer solchen
„Effizienzrevolution“ könnten die erneuerbaren
Energien den dann geringen Energierestverbrauch übernehmen.
Und nur ein geringer, effizienter Verbrauch steht nicht für
Welternährungsprobleme, Tropenwaldzerstörung usw. Bei
alledem bringt eine stetig steigende (also intelligente Anpassung
ermöglichende) Ökosteuer mehr als die aktuelle schwer
überschaubare Vielzahl an kleinen letztlich doch wenig
wirksamen Klimaschutzmaßnahmen.
Mit einem
allgemeinen Klimagaspreis wäre nicht nur Energieeffizienz
plötzlich spannender als unökologisch produzierte
Bioenergie. Und dass Klimaschutz durch Wärmedämmung von
Häusern etwa das Zehnfache billiger ist als Klimaschutz
durch die Herstellung von Biosprit Anders gesagt: Ein
leichteres Auto aufgrund der Verwendung von Biokunststoffen
erspart voraussichtlich mehr Klimagasausstoß als
Biokraftstoffe. Biomasse effizient anbauen und verwerten, sie
dann erst zu Kunststoffen machen, dadurch Klimagase zeitweilig
„einlagern“, die Stoffe recyceln und dann später
zu Bioenergie machen – so könnte eine nmachhaltige
Wertschöpfungskette aussehen, wenn (!) man, wie
vorgeschlagen, die Gesamtnachfrage nach Biomasse in Grenzen hält.
Das allerdings erfordert neben Energieeffizienz womöglich
auch mehr Suffizienz.
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