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Sent: Tuesday, October 25, 2005 7:35 PM
Subject: Eine kleine Geschichte zum Nachdenken
Eine schöne Geschichte über Herrn Müller
Das hier, das
ist der Herr Müller.
Der Herr Müller kommt aus
Aretsried, das liegt in Bayern, also ganz im Süden.
Der Herr
Müller ist ein Unternehmer und das, was in den Fabriken von
Herrn Müller hergestellt wird, habt ihr sicher alle schon mal
gesehen, wenn ihr im Supermarkt wart. Der Herr Müller stellt
nämlich lauter Sachen her, die aus Milch gemacht werden. Naja,
eigentlich stellen die Kühe die Milch her, aber der Herr Müller
verpackt sie schön und sorgt dafür, daß sie in den
Supermarkt kommen, wo ihr sie dann kaufen könnt.
Die Sachen,
die der Herr Müller herstellt sind so gut, daß sogar der
Herr Bohlen dafür Werbung gemacht hat. Weil der Herr Müller
ein Unternehmer ist, hat er sich gedacht, er unternimmt mal was und
baut eine neue Fabrik. Und zwar baut er sie in Sachsen, das ist ganz
im Osten.
Eigentlich braucht niemand eine neue Milchfabrik, weil
es schon viel zu viele davon gibt, und diese viel zu viele
Milchprodukte produzieren, aber der Herr Müller hat sie trotzdem
gebaut. Und weil die Leute in Sachsen ganz arm sind und keine
Arbeitsplätze haben, unterstützt der Staat den Bau neuer
Fabriken mit Geld. Arbeitsplätze hat man nämlich im
Gegensatz zu Milchprodukten nie genug. Also hat der Herr Müller
einen Antrag ausgefüllt, ihn zur Post gebracht und abgeschickt.
Ein paar Tage später haben ihm dann das Land Sachsen und die
Herren von der Europäischen Union in Brüssel einen Scheck
über 70 Millionen Euro geschickt. 70 Millionen, das ist eine
Zahl mit sieben Nullen, also ganz viel
Geld. Viel mehr, als in euer Sparschwein passt. Der Herr Müller hat also seine neue Fabrik gebaut und 158 Leute eingestellt. Hurra, Herr Müller. Nachdem die neue Fabrik von Herrn Müller nun ganz viele Milchprodukte hergestellt hat, hat er gemerkt, daß er sie gar nicht verkaufen kann, denn es gibt ja viel zu viele Fabriken und Milchprodukte. Naja, eigentlich hat er das schon vorher gewußt, auch die Herren vom Land Sachsen und der Europäischen Union haben das gewußt, es ist nämlich kein Geheimnis. Das Geld haben sie ihm trotzdem gegeben. Ist ja nicht ihr Geld, sondern eures. Klingt komisch, ist aber so. Also was hat er gemacht, der Herr Müller? In Niedersachsen, das ist ziemlich weit im Norden, hat der Herr Müller auch eine Fabrik. Die steht da schon seit 85 Jahren und irgendwann hatte der Herr Müller sie gekauft. Weil er jetzt die schöne neue Fabrik in Sachsen hatte, hat der Herr Müller die alte Fabrik in Niedersachsen nicht mehr gebraucht, er hat sie geschlossen und 175 Menschen haben ihre Arbeit verloren.
Wenn ihr in der Schule gut aufgepasst habt, dann habt ihr sicher schon gemerkt, daß der Herr Müller 17 Arbeitsplätze weniger geschaffen hat, als er abgebaut hat. Dafür hat er 70 Millionen Euro bekommen. Wenn ihr jetzt die 70 Millionen durch 17 teilt, dafür könnt ihr ruhig einen Taschenrechner nehmen, dann wißt ihr, daß der Herr Müller für jeden vernichteten Arbeitsplatz über 4 Millionen Euro bekommen hat. Da lacht er, der Herr Müller. Natürlich nur, wenn niemand hinsieht. Ansonsten guckt er ganz traurig und erzählt jedem, wie schlecht es ihm geht.
Aber der Herr Müller sitzt nicht nur rum, sondern er sorgt auch dafür, daß es ihm besser geht. Er ist nämlich sparsam, der Herr Müller.
Sicher kennt
ihr die Becher, in denen früher die Milch von Herrn Müller
verkauft wurden. Die schmeckt gut und es passten 500 ml rein, das ist
ein halber Liter. Seit einiger Zeit verkauft der Herr Müller
seine Milch aber in lustigen Flaschen, nicht mehr in Bechern. Die
sind praktisch, weil man sie wieder verschließen kann und sehen
hübsch aus.
Allerdings sind nur noch 400 ml drin, sie kosten
aber dasselbe. Da spart er was, der Herr Müller. Und sparen ist
eine Tugend, das wissen wir alle.
Wenn ihr
jetzt fragt, warum solche ekelhaften Schmarotzer wie der Herr Müller
nicht einfach an den nächsten Baum gehängt werden, dann muß
ich euch sagen, daß man so etwas einfach nicht tut.
Wenn ihr
aber das nächste mal im Supermarkt seid, dann laßt doch
einfach die Sachen vom Herrn Müller im Regal stehen und kauft
die Sachen, die daneben stehen. Die schmecken genauso gut, sind
meistens billiger und werden vielleicht von einem Unternehmer
hergestellt, für den der Begriff "soziale Verantwortung"
noch eine Bedeutung hat.