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Gefühlte Armut


Heute, Donnerstag, den 26.10.06 ruft uns eine junge Frau an. Ihre Katze, sagt sie, ist so krank, sie behält keine Nahrung bei sich und erbricht ständig. Aber – sie sagt das mit einem Unterton, der Kummer verrät, sie habe jetzt am Monatsende kein Geld, sie war bei einer Tierärztin in Wandsbek, die habe sie wieder weggeschickt „wegen dem Geld“. Bei einem anderen Tierarzt musste sie auch wieder gehen, der wollte auch sofort Geld haben und die Antwort vom Tierschutzverein war:
„Für so etwas sind wir nicht da“.

Die Katze erbricht jetzt seit einer Woche und ist völlig ausgetrocknet.“

„Wir werden uns Ihre Katze ansehen“ sagt mein Sohn Rudi und empfiehlt ihr noch heute zu kommen: „ Das hört sich nicht gut an.“

Die junge Frau steht um 13.30 Uhr vor mir, blaß und scheu. Sie hat Angst um ihre Katze. Es wird eine Röntgenaufnahme gemacht: Die Katze hat einen Darmverschluß, sicher.
Ich frage nach. Die Katze erbricht immer einige Minuten nach der Wasseraufnahme. Gefressen hat sie auch seit einer Woche nichts, sagt die junge Frau.
Und Kot absetzen kann sie auch nicht seit einer Woche, frage ich. Sie nickt und sagt: „Ich kann monatlich etwas zahlen, ganz bestimmt.“

Ich nehme die Katze auf den Arm und bringe sie auf die Station für Katzen. Einige Augenblicke später liegt sie in Narkose. Durch einen Venenkatheter tropft Kochsalzlösung mit Traubenzucker in den Kreislauf der abgemagerten Katze.

Das kleine Tier hat so etwas wie einen langen Faden im Darm, der sich daran aufreiht, wie Perlen an einer Schnur. Ein Schnitt und der Übeltäter ist draußen: ein geflochtenes Band von etwa 45 cm. Ich denke: morgen wäre sie wohl am Ende gewesen, und:

eine Woche Qual für das kleine Wesen, kein Schutz durch das Sozialamt, keine Hilfe von Tierärzten „wegen dem Geld “, der Tierschutzverein ist angeblich für „so etwas“ nicht da.


Dirk Schrader, Hamburg

www.Tierklinik-HH-Rahlstedt.de


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